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Brennen mit Leidenschaft

8. April 2010

Martin Aurich vom Weingut Unterortl auf Juval mit seinem „Brenngerät“

Wie kommt ein Berliner dazu, Winzer und Destillateur im Vinschgau zu werden und ein überaus erfolgreicher noch dazu? Diese Fragen stellen sich viele Menschen und Martin Aurich vom Weingut Unterortl auf Juval beantwortet sie gern: „Ich bin ein Tüftler und habe immer gerne in der Erde gewühlt. Mein Traum war es einfach, Bauer zu sein.“ Um sich abzusichern, studierte er Getränketechnologie an der Fachhochschule Wiesbaden in Geisenheim am Rhein – die ersten Semester finden hier gemeinsam mit dem Studiengang Weinbau statt. Es verschlug ihn an das Land- und Forstwirtschaftliche Versuchszentrum Laimburg, wo er als Sektionsleiter für Kellerwirtschaft zuständig war und für Versuchstätigkeit in der Weinbereitung, Weiterbildung, Beratung und Weinanalytik. Den Hof Unterortl konnte er dann 1992 von Reinhold Messner pachten und mit ihm zusammen das Weingut aufbauen.Vor 4 Jahren gab er seine Tätigkeit an der Laimburg auf, um sich ganz dem Weingut zu widmen.

Martin Aurichs besondere Leidenschaft gilt den Edeldestillaten und er sieht die Brennerei als wichtigen Teil seines Betriebskonzeptes für einen kleinen Betrieb, indem alles veredelt wird, was in der eigenen Landwirtschaft wächst. Im Jahre 1997 kaufte er seine erste gebrauchte Brennblase, angeregt durch Kollegen und seine ersten Versuche folgten, immer auf der Suche nach dem Geschmack. Sein Denken ist geprägt von Wein und Genuss. „Ich schmecke und rieche gerne und kann mir Geschmacksbilder gut merken“, erzählt er.  Er ließ sich von Hubert Pohl vom Köfelgut in Kastelbell und Mario Poyer, einem Spitzenerzeuger im Trentino, inspirieren. „In unserer Branche ist man glücklicherweise offen, tauscht sich aus und gibt Tipps. Es wurschtelt nicht jeder vor sich her“, ist er dankbar.

Aus dieser „Tüftelei“ hat er selber viel gelernt und mittlerweile ist daraus ein Sortiment entstanden, das sich sehen lassen kann. 14 Brände stellt er pro Jahrgang her, vom Grappa aus seinen Trauben bis hin zum Exoten Edelkastanienbrand. Wichtig ist ihm dabei, „dass die Produkte einen Bezug zu unserem Lebensraum haben. Ananas oder Orangen kämen für mich nicht in Frage, es muss Wurzeln zu uns haben.“  Wer bisher glaubte, Grappa sei nur eine Verwertung der Traubentrester, wird durch Aurich eines Besseren belehrt, wenn er anfängt über die Feinheiten des Brennens zu erzählen. Die Qualität hängt entscheidend von der Qualität der Trester oder Früchte ab, die je nach Sorte weniger oder mehr sensibel bei der Lagerung reagieren. Trestern sind die größte Herausforderung und müssen möglichst umgehend verarbeitet werden, Früchte wie Birnen können und müssen noch nachreifen. Entscheidend ist nach seiner Philosophie das doppelte Brennen und das genaue „Abschneiden“ der Fraktionen Vor-, Mittel- und Nachlauf. Vor- und Nachlauf prägen das Destillat  scharf. Auf der anderen Seite kommen aber gerade viele wertvolle Aromen bei der Destillation sehr nahe am Vor- und Nachlauf. „Es ist  eine Frage der guten Nase mit einer Portion Glück, den richtigen Zeitpunkt beim Trennen zu erwischen und immer auch eine Gradwanderung“, erklärt der Brenner. Ein großes Glück für ihn ist das gute Quellwasser auf Juval, das sehr weich ist und gut schmeckt, um die Brände, die nach dem Brand etwa 80 Volumenprozent Alkohol enthalten, auf etwa 40 bis 42 Prozent zu verdünnen. Zuckerzusatz zum Destillat ist für ihn ein absolutes Tabu, obwohl gesetzlich bis zu 20 Gramm auf den Liter erlaubt sind, um ihn gefälliger und scheinbar weicher zu machen. Er sieht seine Destillate als hoch veredelte Produkte, die es gilt „nicht zu kippen, sondern zu genießen.“

Der Erfolg gibt ihm recht: Erst kürzlich wurde er zum ersten „Champion Südtirol Aquae Nobiles“ gekürt. Diese Ehre wurde demjenigen Brenner, der seine eigenen Brände im Vorfeld am besten einzuschätzen wusste und diese für die Bewertung eingereicht hatte, verliehen. Er gewann gleich mit sechs Bränden und die Auszeichnung Top Marille – natürlich nur aus dem Vinschgau – für den besten Edelbrand in dieser Kategorie. Dass er diese Frucht wirklich liebt, merkt man, wenn er anfängt, von ihrem Duft zu schwärmen. (ew)

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