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„Ich habe mich aber nicht aufgedrängt und habe das auch später nie getan!“

9. September 2010 Kommentare aus

Kurt Hofer

Seine Kindheit, eine schwierige und entbehrungsreiche, zugleich aber prägende und lehrreiche Zeit, wie Künstler Kurt Hofer heute sagt, ist niemals vergessen und spielt eine überaus gewichtige Rolle.

Durch die Trennung seiner Eltern wurde Kurt bereits mit zarten 9 Jahren auf „den Berg hinauf“ geschickt, wo er allein und sich selbst überlassen bei den Kühen in Heimweh schwelgte, Einsamkeit unbarmherzig sein Herz zuzuschnüren drohte und er gelegentlich auch mit dem Schicksal haderte. In diesem Alleinsein droben zwischen Stauden, Steig und Bäumen, auf der Weide beim Vieh, in seiner Verlassenheit und Traurigkeit, hat der einsame Junge in kindlichem Stöbern irgendwann angefangen, sich mit verfügbaren Dingen aus der Natur zu beschäftigen–Kostbarkeiten, welche nur ihm allein gehörten und irgendwie dann auch seine geblieben sind. Nebenbei musste er beim Mähen mithelfen und in brütender Hitze mühsam das schwere Gras auseinanderstreuen, „dass einem fast der Rücken abgebrochen ist“. Dennoch blieb er der Junge von „unten“, welcher unbedingt gehorchen musste, um zu überleben. Nach 5 Sommern harter Arbeit am Berg begann Hofer eine Lehre als Maler und reifte in der Berufsschule zu einem begabten Spitzenschüler, sodass der Fachlehrer bereits kurz nach der Abschlussprüfung orakelte: „Hofer, du wirst etwas anderes!“ Diese Worte im Ohr, übersiedelte der noch Minderjährige zu seinem Vater nach München, welcher ihm eine Arbeitsstelle als Anstreicher beim bekannten Innungsmeister Max Roth verschaffte. Dieser begann ihn zu fördern, fortzubilden und auf Kurse zu schicken. Bald aber trudelte der Einberufungsbefehl ein und Kurt kehrte trotz Widerspruchs seines Vaters heim, was ihm dieser Zeit seines Lebens nie mehr verzeihen konnte. Während des Militärs begann er zu zeichnen und ein Alpino aus Mailand meinte: „Hofer, io vado all´accademia. Anche tu ci potresti andare!“

Das Wunschziel nun vor Augen, meisterte er erfolgreich die Abendmittelschule und besuchte regelmäßig die Grödner Kunstschule, um als Privatist den Abschluss zu schaffen. Nach 2 erfolglosen Versuchen moralisch niedergeschlagen, versank Kurt in Selbstzweifel und Resignation. Ein guter Freund entriss ihn der Bedrücktheit und er überwand letztendlich auch diese Hürde. Nach einem kurzen Intermezzo als Fachlehrer in Schlanders, inskribierte Kurt in die Kunstakademie in Florenz, wo nie wieder ein Grödner Mitschüler seinen Weg gekreuzt oder künstlerisch auf sich aufmerksam gemacht hat. „Und das ist mein Stolz!“

Aus privaten Gründen kehrte er in die Heimat zurück, wo ihn altbekannte Künstler (Matthias Schönweger, Jakob de Chirico, Franz Pichler, Egon Rusina) bereits erwarteten und in ihre Gruppe integrierten. Mitte der 80er hat er dann begonnen, eigene Wege zu beschreiten. 1987 hat er dennoch mit Jakob in der Rampe in Meran kooperiert und ist durch ihn mit Pari/Dispari (ehemals bekanntes Fluxuszentrum/RE) in Berührung gekommen. Bei der Beförderung von Exponaten ins Museum von Reggio Emilia traf er mit Galeristin Rosanna Chiessi zusammen, welche sein Talent erkannte und ihm anbot, eigene Werke auszustellen. Nach reiflicher Bedenkzeit war diese Vernissage dann Ausgangspunkt für gewaltige künstlerische Erfahrungen und katapultierte Hofer schlagartig in die renommierte Kunstszene.

Nach seiner Lehrerzeit 1992 begann er sich, erneut Hirte, intensiv mit Naturrelikten zu beschäftigen. Obwohl lukrative Angebote lockten, widerstand Kurt und erwarb stattdessen ein altes Haus in Stilfserbrücke, dessen Finanzierung und Renovierung seine steile Künstlerkarriere abrupt ausbremste –verstärkt durch zunehmende künstlerische Passivität und Interesselosigkeit. Anfang 2000 drängte der „vergessene Künstler“ aber unaufhaltsam wieder an die Öffentlichkeit, erfüllte sich einen lang gehegten Wunsch und entwickelte seinen eigenen Minimalismus. Der Eintritt in diesen Kosmos gestaltete sich überaus schwierig und Hofer musste sich der psychischen Darstellungsweise öffnen, sich gründlich mit der Psychologie der Farbe konfrontieren und deren Magie erkennen: den charismatischen Inhalt der Farbfläche!

Obwohl Ende der 80er Kurt alle Türen offengestanden hätten, gab er einem alten, faszinierenden Gemäuer den Vorzug. Alles andere würde sich schon wieder ergeben… ein Trugschluss, denn das Zeitkarussell Anfang der 90er hatte begonnen, sich enorm schnell zu drehen. Dank dieser Schnelllebigkeit hat er aber auch etwas enorm Wichtiges entdeckt: die Schönheit, Werke langsam wachsen zu sehen, gleich der Natur; nicht einfach kreieren wie einen Abdruck, sondern den gesamten Werdegang bewusst mitzuerleben. Heute sagt Kurt mit Stolz, dass er Reife und Ernsthaftigkeit erworben hat, welche auf seinen Erfahrungen beruhen. Endlich hat er sich eine Welt erarbeitet, aus welcher er nicht mehr ausbrechen will: einen eigenen Weg, welchen er nur für sich selbst gefunden hat!

Renate Eberhöfer

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