Besondere Orte im Vinschgau

Vinschgau

Alpine Straße der Romanik

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Wie Perlen einer Kette sind die Kunst- und Kulturdenkmäler entlang der „Alpinen Straße der Romanik“ aufgefädelt. Jedes für sich ein Juwel, das zur Spurensuche mittelalterlicher Baukunst vom Nonsberg im Trentino über die Weinstraße, das Burggrafenamt, durch den Vinschgau bis ins schweizerische Engadin lädt. Herzstück des Projekts ist der Vinschgau.

Seit April 2006 ermöglicht das Kulturprojekt „Stiegen zum Himmel“, in dessen Rahmen die „Alpine Straße der Romanik“ realisiert wurde, eine ausgedehnte Zeitreise in das Mittelalter – vorbei an trutzigen Burgen und imposanten Schlössern hin zu farbenfroh ausgemalten Kirchen, stillen Kapellen und malerischen Städtchen.

Kultur statt Kulisse. Wer alle Stufen der „Stiegen zum Himmel“ emporsteigen will, legt rund 200 Kilometer zurück. Entlang dieser Strecke liegen gar einige Superlative. Mittendrin steht die Klosteranlage St. Johann in Müstair, ein UNESCO-Weltkulturerbe: Karl der Große hatte es im 8. Jahrhundert gegründet, um den Weg in die Lombardei zu sichern. Neben den Fresken aus karolingischer Zeit nehmen den Besucher die berühmten Wandmalereien in Beschlag. Ebenfalls in die Zeit Karls des Großen reicht das Kirchlein St. Benedikt in Mals zurück, in der die europaweit einzige Darstellung eines fränkischen Grundherrn in Tracht bewundert werden kann. Weiter geht es mit der höchst gelegenen Benediktinerabtei Europas, Marienberg bei Burgeis, die auf eine rund 1000-jährige Geschichte zurückblickt. In Prad am Stilfserjoch steht mit St. Johann eine weitere sehenswerte Kirche mit romanischen und gotischen Fresken. Nicht zu vergessen die kleine Kirche St. Prokulus in Naturns bei Meran, deren Fresken zu den ältesten im gesamten deutschsprachigen Raum zählen.

Was jedoch nicht heißen will, dass nur sakrale Bauten zugänglich gemacht werden. Ein Juwel  ist die kleinste Stadt der Alpen mit vollständig erhaltener Stadtmauer: Glurns, die durch Meinhard II. zu einem wichtigen Handelszentrum wurde. Einen Einblick in die stattliche, weltliche Macht kleinerer Fürsten bietet das wie ein Wächter oberhalb der Straße thronende Schloss Kastelbell.

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Sulden

Messner Mountain Museum „Ortles“

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von links: erschreckender „Museumswächter“, Impressionen der Ausstellung, plastisch überdimensional dargestellte Wassertropfen vor Gemälden

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Am oberen Ende des Vinschgaus, inmitten der atemberaubenden Ortlergruppe, befindet sich der berühmte Ski- Ort Sulden, welcher ob seiner Kälte auch als das Sibirien Tirols gerufen wird. Genau hier am Fuße des berüchtigten Ortlermassivs, welcher von den Ortsansässigen ehrfurchtsvoll „Im End der Welt Ferner“ genannt wird, befindet sich das Messner Mountain Museum Ortles, welches auf einer Fläche von 300 m² auf das Thema Ewiges Eis näher eingeht, wobei König Ortler eine Sonderstellung einnimmt. Das eigentliche Museum befindet sich versenkt in einen kleinen Hügel, direkt neben dem dazugehörigen Restaurant Yak & Yeti. Den Eingang bildet eine Öffnung in der Stützmauer des Hügels und befördert den Besucher förmlich in den Berg hinein. Über eine kurze Rampe dringt man weiter in die Tiefe dieser künstlich aus gewollt sichtbarem Stahlbeton angelegten Höhle vor, wo sich dem Besucher fesselnde Kunstwerke eröffnen:

Eine Exkursion in die kalte, faszinierende Welt des Ewigen Eises, dessen Unwirtlichkeit das unterirdisch und mit erstaunlicher architektonischer Finesse angelegte Museumsgebäude eindrucksvoll und hautnah vermittelt. Der Hauch dieser unnahbaren, hochalpinen Gletscherwelt mit all ihren Gefahren und unerbittlichen Gradlinigkeit, welches ein Annähern nur unter extremsten körperlichen und geistigen Belastungen ermöglicht, ist für den Besucher nahezu spürbar. Beim MMM Ortles, mit zahlreichen Architekturpreisen prämiert, versuchte Architekt Arnold Gapp gekonnt, das Innenleben einer Gletscherspalte darzustellen, deren fahles und zugleich hoffnungsvolles Licht bezaubert. Der geniale Eindruck, sich selbst in einer Gletscherspalte zu befinden, wird durch eine Glasöffnung am Oberboden erzeugt – ein gezacktes Fensterband, welches die Decke des Museums durchbricht und Tageslicht – wie bei einer echten Spalte – einfallen lässt. An einem bestimmten Punkt dieses zackigen Glasbandes kann man den vereisten Gipfel des imposanten Ortlers höchstselbst ausmachen. Darüber hinaus ist das ganze Museum in nacktem kalten Zement belassen worden, um Kälte besser darstellen zu können.

Die ausgestellten Exponate erzählen von Liebe und Ehrfurcht zum Berg – in einer Sprache, welche Natur und Kunst einzigartig ineinander verschmelzen lässt. Der Ausstellungsbesucher kann sich an der Betrachtung einer Vielzahl von Gemälden internationaler und einheimischer Künstler laben und in eine geheimnisvolle Welt von Eis, Schnee, Sturm und Gletscher eintauchen. Unzählige kostbare Meisterwerke aus 3 Jahrhunderten, welche von Hochachtung und magischer Angezogenheit zum Berg in der Sprache der Muse erzählen, lassen den bezauberten Zuschauer begeistert zurück …

Hausherr Reinhold Messner erweist hier König Ortler seine große Ehrerbietung, an dessen majestätischem Fuße sich MMM Ortles liebevoll anschmiegt und nahtlos mit der kargen Landschaft verschmilzt. So befindet sich in diesem sehenswerten Kleinod auch die weltweit größte Sammlung von Ortler-Malereien – neben verschiedensten Exponaten der Bergsteigergeschichte aus 2 Jahrhunderten. So hat alles was hängt oder steht direkt oder indirekt mit dem Mysterium Eis zu tun.

Renate Eberhöfer

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Partschins

Am untern Ende des Vinschgaus

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Blick von der Sonnenterrasse, vom „Dursterhof“, auf Partschins, im Hintergrund Meran

Am unteren Ende des Vinschgaus, wo die Etsch sich der Engstelle auf der Töll, dem Töller Würgegriff, nicht entziehen kann, schaut man ins Burggrafenamt. Zwar gehören die Gemeinde Naturns, Plaus und Partschins verwaltungsmäßig zum Bezirk Burggrafenamt, geografisch gehören sie zum Vinschgau.

Der weite Talkessel von Meran tut sich auf. Besonders beeindruckend kann das Panorama vom ‚Gigglberg’ aus genossen werden. Das ist jener hervorstehende kleine Bergrücken, auf den man mit der nagelneuen Texelbahn gelangt, deren Talstation zwischen Rabland und Partschins liegt. Bis hinüber in die Dolomiten reicht der Blick, auf der anderen Seite die Gletscherwelt des Ortlermassivs. Ein wunderbares Schauspiel von steilen Bergzacken, von sanften Bergrücken, wie dem Tschögglberg, von Wäldern und schneeweißen Hüten – und drunten im Tal reihen sich die Dörfer entlang der Etsch.

Ein besonderes Dorf da unten, vom Gigglberg aus gesehen, ist Partschins. Ein bäuerliches Haufendorf mit weit in die Vergangenheit reichenden Wurzeln am Hangfuß, wo der Zielbach über Wasserfälle den Hang hinunterrauscht und dann aus der Texelgruppe schießt. Einen Sohn aus nicht ferner Vergangenheit haben die Partschinser hoch in Ehren. Es ist Peter Mitterhofer. Mitterhofer, als Sohn eines Zimmermannes 1822 in Partschins geboren, erlernte das Zimmereihandwerk – und war lange Zeit auf der Walz. Österreich, Deutschland, Holland und Frankreich: Mitterhofer kam viel herum, saugte wissbegierig Lernenswertes auf und kam wieder zurück. Der begabte Tüftler wurde in seinem Heimatdorf wohl als Spinner verkannt. Spitzenprodukt seiner Tüftelei war eine Schreibmaschine. Laufend verbesserte er sein Werk und stellte so mehrere Modelle her. Mitterhofer war ein Erfinder. Ein Unternehmer war er nicht. Zwar machte er sich zu Fuß auf nach Wien zum Hof von Kaiser Franz Josef I., um seine Erfindung anzupreisen, kam aber mit mäßigem Erfolg wieder zurück. Die kaiserlichen Begutachter dürften für den Zimmermann aus Partschins ein müdes Lächeln übrig gehabt haben. Immerhin bekam Mitterhofer vom Kaiser 200 Gulden für seinen Schreibkasten und nochmals 150 Gulden für eine verbesserte Version. Der Kaiser schenkte die Werke dem „Polytechnischen Institut“ für seine Modellsammlung. Das Kuriosum wurde in Wien damit abgehakt.

Dem Erfinder der Schreibmaschine haben die Gemeindeväter ein Museum errichtet. Am Kirchplatz in Partschins. Kurt Ryba, ein gebürtiger Meraner und Münchner Unternehmer, hat das Museum mit Schreibmaschinen aus aller Welt bestückt und mit einem Schenkungsvertrag der Gemeinde Partschins übertragen. Der leidenschaftliche Sammler hat mittlerweile rund 1.500 Exponate verschiedenster Hersteller und aus allen Zeiten, seit die Schreibmaschine ihren Siegeszug in die Büros angetreten hatte, zusammengetragen. Kuriositäten ebenso wie weltweit einzigartige Stücke, die ein Vermögen gekostet haben. Eine Reise durch die „Steinzeit des Computers“ im weltweit größten Schreibmaschinenmuseum, im Partschinser Schreibmaschinenmuseum „Peter Mitterhofer“, birgt für den einen Erinnerungen, für den anderen Überraschungen, für alle Staunenswertes und Informatives. Zum Ausgangspunkt zurückgekehrt sind die Nichten und Neffen von Mitterhofers Erfindung.

Erwin Bernhart

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Pfossental

Gestatten: Naturpark Texelgruppe

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Die Texelgruppe vom Pfossental aus gesehen

Der Naturpark Texelgruppe ist ein Refugium für viele Tiere und Pflanzen. Aber auch für den Menschen ist Platz, beispielsweise als naturverträglich wirtschaftender Almbauer oder als Erholung suchender Gast. Das Landesamt für Naturparke, zuständig für die Führung dieses Großschutzgebietes, bemüht sich, Freiräume und Entwicklungsmöglichkeiten für die Natur zu bewahren und gleichzeitig den Ansprüchen der Menschen gerecht zu werden.

Anfangs war das nicht leicht, die Bevölkerung wetterte gegen „Einschränkungen und Einmischungen von oben“. Inzwischen – 35 Jahre nach Ausweisung des ersten von insgesamt sieben Naturparks – hat sich das geändert. Naturparks gelten nicht mehr als Verhinderungsinstrumente, sondern als Bausteine für die regionale Entwicklung.

Diese Akzeptanz ist das Ergebnis jahrzehntelanger Überzeugungsarbeit und konkreter Maßnahmen wie Instandhaltung des Wege- und Steigenetzes, Information und Umweltbildung sowie finanzielle Förderungen für natur- und landschaftsschonend arbeitende Bauern.

Wanderwege und –steige zum Vorzeigen

Der rund 33.420 Hektar große Naturpark Texelgruppe bietet von gemütlichen Wanderungen bis zu Dreitausender-Gipfelerlebnissen viele lohnende Ausflugsziele. Unverzichtbar dafür sind bestens instand gehaltene und beschilderte Wanderwege und –steige sowie ein sauberes Gebiet. Das lässt sich die Naturparkverwaltung jährlich knapp 150.000 Euro kosten, insgesamt 14 über die Landesforstbehörde angestellte Saisonarbeiter sind acht Monate im Einsatz. Von dieser Besucherlenkung profitiert auch die Natur, denn so bleiben störungsfreie Ruhegebiete erhalten.

Naturerlebnis draußen und drinnen

Nach dem Motto „Natur er-leben, be-greifen und er-halten“ hat das Naturparkamt im Lauf der Jahre ein umfangreiches Naturerlebnisangebot auf die Beine gestellt.

Dazu gehören die Schutzgebietsbetreuer, die an den Hauptzugängen über den Naturpark informieren, aber auch die mit den Tourismusvereinen der Naturparkgemeinden angebotenen Erlebniswanderungen. Das umfangreiche Angebot, das auch spezielle Wanderungen für Kinder umfasst, liegt in den Tourismusvereinen auf und ist im Internet http://www.provinz.bz.it/naturparke zu finden.

Landschaftlich schön, bequem zu erwandern und kulturhistorisch interessant ist das Pfossental in Schnals. Ideal für einen Almerlebnisweg, bei dem die Wanderer so ganz nebenbei viel Wissenswertes über das Tal und die Almwirtschaft in früheren Zeiten erfahren.

Mittelpunkt der Information und Umweltbildung ist das Naturparkhaus Texelgruppe in Naturns. Neben der Dauerausstellung zum Naturpark beherbergt es immer wieder Wanderausstellungen zu verschiedenen naturkundlichen Themen, Vorträge und Kindernachmittage runden das Programm ab. Geöffnet ist das Besucherzentrum von dienstags bis samstags, im Juli, August und September auch sonntags von 9.30 bis 12.30 Uhr und von 14.30 bis 18.00 Uhr, der Eintritt ist frei. Bei Voranmeldung (Tel. 0473 668201) sind Führungen möglich.

In Moos in Passeier soll heuer die Infostelle Bunker Mooseum eröffnet werden. Auch hier wird es viel Information rund um den Naturpark geben.

Neben diesen Aufgaben und Angeboten hat die Naturparkverwaltung in den letzten Jahren die Aktivitäten im Bereich Forschung verstärkt. Dazu hat auch das europäische Schutzgebiets-Netzwerk Natura 2000 – zu dem auch Bereiche des Naturparks Texelgruppe gehören – beigetragen. Mehr Wissen schafft die Voraussetzungen, den Naturpark auch zukünftig mit all seinen landschaftlichen und ökologischen Besonderheiten zu erhalten – für Tiere, Pflanzen und Menschen.

Ulrike Lanthaler, Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur und Landschaft

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Schlanders

Schlanders, Leben im Vinschgau

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Mal pulsierend, dann wieder sanft und leise, das ist Schlanders, der Hauptort des Vinschgaus. „Schlanders – Leben im Vinschgau“  nennt sich der Leitspruch, der die Attribute des rund 6.000 Einwohner-Dorfes bündelt und die starken Kontraste, die Schlanders zweifelsohne zu einem besonderen Ort machen, verbindet. Denn Schlanders ist Dorf und Stadt zugleich, hat ländlichen, peripheren und zum anderen städtischen Charakter. Die weitläufigen Apfelanlagen, die Schlanders umgeben, sind unübersehbare Zeugnisse großbäuerlicher Nutzung, gestriegelt und durch großflächige Flurbereinigungen in Reih und Glied gebracht. Das ist das Dorf Schlanders, die bäuerliche Seite, die den satten, grünen Nörderberg und den kargen Sonnenberg mit einschließt. Dort  oben bewirtschaften rührige Bauernhände die steilen Hänge in mühseliger Arbeit und  mit wenigen technischen Hilfsmitteln. Die Natur hier ist einzigartig, ein roher Diamant. Ländlich zeigt sich Schlanders auch mit seinen Fraktionen, Kortsch, Göflan, Vetzan, Sonnen- und Nörderberg. Sie sind die geografischen Seitenarme des Hauptortes, sind landschaftliche Ruhepole etwa mit den alten, noch erhaltenen Waalwegen und kunsthistorischen Juwelen. Da ist zum einen das Ägidiuskirchlein am Schatzknott in Kortsch, das vor rund 700 Jahren erbaut wurde oder die beiden gotischen Kirchen „Zum Heiligen Martin“, mit zwei Flügelaltären, und die Kirche „St. Walburgis“ in Göflan. Stolz ist Schlanders auf sein reges  Vereinsleben. Die Vereine, die altes Brauchtum hegen und pflegen, knüpfen an die kulturelle Blüte im 19. Jahrhundert an und stärken die dörfliche Identität samt Tradition. Städtisch zeigt sich Schlanders im Zentrum, im Inneren. Die ausgedehnte Fußgängerzone, die mitten durch den Dorfkern führt und verbunden durch den lauschigen Hauptplatz mit Marmorbrunnen ist, bildet das Herz von Schlanders. Geschäfte, Cafès und Restaurants säumen die Einkaufs- und Genießerstraße, die einzige im ganzen Vinschgau. Fast schon mediterranes Flair kommt hier bei einem „Macchiato“, einem „Cappuccino“ oder bei „Spaghetti“ auf. Und so bunt wie die Fassaden, der teilweise alten Bürgerhäuser, ist auch das Angebot in der verkehrsfreien, pulsierenden Fußgängerzone. Zum anderen vereint Schlanders sämtliche Ämter, Schulen und das Krankenhaus auf sich und ist damit nicht nur geografisch, sondern von Amts wegen sozusagen städtische Mittelpunktgemeinde mit einer Vielzahl an Sehenswürdigkeiten. Der Turm der Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“ – der höchste von Tirol – ist mit seinen 97 Metern Höhe das Wahrzeichen von Schlanders. Die Schlandersburg, die mittlerweile die Bibliothek und verschiedene Ämter beherbergt, lädt mit den bewundernswerten Arkadengängen zu historischem Tiefgang. Der Freienturm, der heute von den hiesigen Gemeindevätern als Rathaus genutzt wird, mit einer Kapelle in der Mitte, zeigt kostbare Details aus dem Mittelalter. Und Schloss Schlandersberg, das am Sonnenberg über Schlanders thront, gewährt Einblick in eines der bedeutendsten Geschlechter Tirols, den Herren von Schlandersberg. Auch das ist „Schlanders – Leben im Vinschgau“ – mal pulsierend und städtisch, mal ländlich, sanft und leise.

Angelika Ploner

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Karthaus

Slow City: Karthaus

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Kreuzgang der Kartause (Fotos: TV Schnals)

Nach einigen Kurven die Straße hinauf begrüßt den Besucher bereits am Ortseingang ein Mönch, der jeden vom Gas gehen lässt und nach ein paar Metern ist es mit Fahren auch schon vorbei. Karthaus muss man zu Fuß erkunden und die einzelnen Autos, die auf der 100 Meter langen „Hauptstraße“ unterwegs sind, fahren  sowieso Schritttempo, da hier die Kinder Vorrang haben. Eigentlich ist das oben auf einem Hügel gelegene Karthaus der Mittelpunkt des Lebens im Schnalstal. Jeder Einwohner des Tales muss hierher, um die täglichen Dinge des Lebens im Rathaus, auf der Post oder der Bank zu erledigen. Hektik kommt trotzdem in keiner Weise auf, außer ein Schnalser hat sich über die leidige Bürokratie geärgert und tut seinen Unmut bei einem „Schwarzen“ kund. Jeder grüßt jeden und auch der Besucher bekommt ein freundliches „Grias Gott“ zu hören. Man trifft sich in der Bar oder auf dem herrlichen Marktplatz, um zu plaudern und die neuesten Nachrichten auszutauschen. Vielleicht hat das mit der Geschichte von Karthaus zu tun. Es war eigentlich einmal ein Kloster, in dem heute Menschen leben und arbeiten. Die Ruhe und die Kraft, die dieser besondere Ort ausübt, scheint auf Einwohner wie Gäste gleichermaßen abzufärben. Es wirkt fast so, als verlangsamten sich ihre Bewegungen.

Gegründet wurde die Einsiedelei „Allerengelsberg“ durch die Kartäuser im Jahre 1329. Ihre stark mystisch geprägte Grundauffassung lebte aus der Entfernung von der Welt und der Annäherung an Gott durch das Gebet. Sie suchten die Einsamkeit inmitten der Berge, jeder für sich in einer kleinen Zelle mit Gärtchen dahinter, umschlossen von Mauern. Selbst bei den Mahlzeiten war den Mönchen der Kontakt versagt. Schublöcher zum Durchreichen der Speisen, die einen Blickkontakt verhinderten, zeugen im Kreuzgang heute noch davon. 1782 wurde das Kloster durch kaiserliches Dekret aufgehoben, die Mönche vertrieben und nach und nach erwarben Handwerker und Bauern die einzelnen Parzellen. Die Klosterkirche wurde zunächst als Scheune genutzt, heute beherbergt sie ein Restaurant. 1924 zerstörte ein verheerender Brand große Teile des Ortes, aber mit vereinter Kraft bauten die „Kleasterer“ den Großteil wieder auf.

Wenn man mit offenen Augen durch das Dorf – vorbei an Kräutergärten – geht,  entdeckt man viele, oft nicht auf den ersten Blick erkennbare Details: eine Schlange und ein Ei an der alten Klosterküche. Den sehenswerten Friedhof mit den wertvollen Grabkreuzen von Schnalser Künstlern. Oder uralte Grabtafeln, die vom Leben im Tal und seinen Mühen zeugen. Wie zufällig gehen die Karthauser hier vorbei und freuen sich, wenn auch andere Bewunderung für dieses einzigartige Plätzchen zeigen. Auch der Blick außerhalb der  Klostermauern lohnt sich: Der Gesichtsausdruck des Soldaten, der auf die Grabgrotte aufpasst, scheint in Karthaus Programm zu sein.

Wen wundert es, wenn mancher Gast das Essen auf einer der Terrassen ruhig eine Stunde länger genießt als anderswo. Besonders wenn es unten im Tal heiß ist und durch Karthaus eine angenehme, kühle Brise weht, steht hier so schnell keiner auf.

Elke Wasmund

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„Bärige“ Wasser- und Naturanlage am Fuße von Ortler, Zebrù und Königsspitze

Bärenbad Sulden

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Ein kaltes Armbad wirkt erfrischend, Blutdruck regulierend, Durchblutung fördernd. Es ist besonders empfehlenswert bei körperlicher und geistiger Müdigkeit und bei Kopfschmerzen. Das Wassertreten wirkt Kreislauf anregend, Durchblutung fördernd, Venen kräftigend, Stoffwechsel anregend und abhärtend. Empfehlenswert ist es als Muntermacher, bei Krampfadern, heißen Beinen und Migräne.

Bären lieben ausgelassene Wasserbäder in freier Natur und wissen wohl auch um die wohltuende Wirkung frischen Quell- und Gletscherwassers. Im Frühjahr 2005 querte erstmals seit über hundert Jahren ein Braunbär das Suldental und da ist er sicher auf die vielen großen und kleinen Wildbäche am Talende gestoßen, welche im Frühjahr besonders viel Wasser führen. In einem idyllischen Waldgebiet ganz in der Nähe der Seilbahn Talstation habe er sich genüsslich, eingebettet von einer grandiosen Bergkulisse ungestört ein Bad genommen, ehe ihm der Rummel um seine Anwesenheit zu viel wurde und er in die Schweiz abwanderte. Vor einem Jahr wurde genau an dieser Stelle eine Wasser- und Naturanlage errichtet, welche in Ausmaß und Seehöhe (1.900 m) ihresgleichen sucht. „Bärenbad“ wurde diese Anlage bezeichnenderweise getauft, in dem sich Mann, Frau und besonders Familien auf verschiedene Weise erholen und regenerieren können. Die ausschließlich mit Naturmaterialien errichtete Anlage mit Blick auf das Dreigestirn Ortler, Zebrù und Königsspitze besteht aus Ruheplätzen, einem natürlichen Wasserfall, einem großzügigen Tretbecken und kalten Armbad. Die Anlage wird mit reinstem Quellwasser gespeist. Das Ellenbogen-Bad und das Tretbecken wurden nach dem Kneipp’schen Gesundheitsprinzip entwickelt.

Das Suldner „Bärenbad“ ist darüber hinaus der Beginn eines ganzheitlichen Gesundheitskonzepts, welches die Hoteliere und Gastwirte von Sulden den Erholungssuchenden anbieten werden. Das Programm wird neben kulinarischen Besonderheiten auch spezielle Führungen in Begleitung ausgebildeter Wanderführer umfassen, welche die Teilnehmer zur fachgerechten Anwendung der Wasseranlage begleiten. Heuer wird zudem ein Barfußweg, Ruheliegen und eine Naturarena errichtet.

Ludwig Fabi