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Schlanders und seine Geschichte -von 1815 bis zur Gegenwart. Herausgegeben von Heinrich Kofler

25. März 2010

Eine Villa für Offiziere. Schlanders hat auch eine lange Militärgeschichte: Die Schützen, das österreichische Militär, dann kommen die Italiener. Sie bauten die mächtigen Kasernen in der Bahnhofsstraße. Eine breite Treppe führt feierlich ansteigend in den Offizierstrakt der „Caserma Druso“. Die Eingangsfassade ist mit weißem Marmor verkleidet, dahinter liegen die langen Gebäude für die Truppe, der riesige Exerzierplatz, Magazine und Stallungen für die Mulis und den Wagenpark. Jetzt ist das fast alles verlassen, steht leer. Sträucher und Vögel freuen sich.

Die Villa Sailer in der Gerichtsstraße wurde um 1910 für österreichische Offiziere erbaut. Hier wohnten im vornehmsten Stock ein Major, etwas bescheidener ein Hauptmann und im Erdgeschoß die Dienerschaft. Also ganz standesbewusst, am Aufbau der Villa noch immer klar erkennbar, mit Trennung der Ränge und Aufgaben.

Hier wohnte für einige Jahre auch der Koordinator und Verfasser der beiden Bände über die Marktgemeinde Schlanders DDr. Heinrich Kofler; er war Schuldirektor, Bürgermeister von Schlanders und kann sich jetzt neben den zahlreichen Forschungen ganz seinem Hobby hingeben, dem Sammeln von akademischen Titeln.

Der 2. Band der Geschichte von Schlanders enthält auch den italienisch verfassten Beitrag „Gli Italiani a Silandro“ von Silvano Neri, worin auch von der „Bar Cremona“ erzählt wird, vom einst beliebten Treffpunkt der italienischen Soldaten. Diese Bar gibt es noch immer, auch der Name ist geblieben, und sie hat immer noch die Funktion als Treffpunkt für die kleine Gruppe der hier lebenden Italiener – natürlich auch für die Einheimischen, vor allem auch für die Jäger, für Zeitungsleser, Kartenspieler…

Zeitweise lebten in den verschiedenen Kasernen bis zu 1000 Angehörige des Militärs, fast so zahlreich wie die Einwohner. Sie brachten viel Geld; durch ihr Ausbleiben gerieten einige Gasthäuser in Krise oder mussten sogar den Betrieb aufgeben.

All diese Entwicklungen werden im vorliegenden Dorfbuch minutiös dargestellt, so etwa von Klaus Fischer im Aufsatz über „Die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Schlanders im 19. und 20. Jahrhundert. Maria Heidegger schreibt über „Schlanders 1815 bis 1918 – Zur gesellschaftlichen und kulturellen Modernisierung eines Dorfes“.

Eine Fundgrube für lokale Geschichte und Geschichten sind Koflers Ausführungen zur Kirchengeschichte und zur politischen Geschichte, wobei auch über die Zeit des Faschismus (1922-1943) unter dem Titel „17 Podestá in 17 Jahren“ vom Standpunkt der Gemeindeverwaltung und eines ehemaligen Bürgermeisters berichtet wird. Kofler konnte in Rom erstmals Akten des inzwischen freigegebenen Staatsarchivs einsehen und verwerten.

Ausführlich dargestellt wird natürlich auch das rege Vereinsleben. Archäologie, historischen Bauten, die Kunst- und Wappengeschichte werden im 1. Band der Geschichte von Schlanders abgehandelt, der bereits 1999 erschienen ist; zusammen umfassen beide Bände weit über 1000 Seiten; das Riesenwerk ist eine wahre Fundgrube in vieler Hinsicht. Besonders wertvoll auch durch die ausführliche Bilddokumentation, besorgt und gepflegt durch den Leiter der Bibliothek Schlandersburg, Dr. Raimund Rechenmacher. Andrea Kuntner beschäftigt sich mit Vulgo- und Flurnamen. Unsere Vorfahren wussten sich ohne Landkarten zu helfen, indem sie jede Geländeform benennen und finden konnten. Das war für eine Zeit, in der Weidewirtschaft noch eine wichtige Rolle gespielt hat und Karten noch nicht üblich waren. Nummeriert und anschaulich festgehalten auf kartographischen Darstellungen ist hier ein sprachgeschichtliches Dokument entstanden.

Der Experte für Flurnamen in der Gemeinde Schlanders heißt Andrea Terragnolo; er lebt in Meran und studiert Musikwissenschaften und Geschichte an der Universität Innsbruck.

Die Vulgonamen aus Schlanders, Göflan, Kortsch,Vetzan, Sonnen- und Nördersberg sammelte Andrea Kuntner: Durch geduldiges und fleißiges Befragen zahlloser Erinnerungsträger wird ein wichtiges, aber langsam „verwehendes“ Kulturgut bewahrt.

Hans Wielander

Der Turm und die Kugel

Gemessen von der stark aufgefüllten Friedhofsebene beträgt der Turm von Schlanders 90,60 Meter, so die Messergebnisse des Kirchturmbauers Arnold Wolf. Bei der weitgehenden Turmrestaurierung vor mehr als 15 Jahren wurde auch die Kugel herunter genommen und geöffnet. Gefunden wurden keine Dokumente, nur ein Häufchen grauer Masse – wahrscheinlich haben Insekten die Schriften aufgefressen. Die Kugel wurde nämlich in Kriegszeiten mehrfach durchschossen. Von der um die Mitte leicht abgeflachten Kugel sagt man, sie wäre so groß, dass darin ein Schuster genügend Platz zum Arbeiten fände. Auch müsse man beim Hinaufschauen dreimal absetzen, um nicht von einem Schwindelschock erfasst zu werden. Es ist klar, dass ein solches Bauwerk die Fantasie beflügelt und dass die Schlanderser ihren Turm, den höchsten Tirols, überall anpreisen.

Tappein

Am Schlanders Sonnenberg liegt das Höfepaar Tappein, zu dem auch eine kleine Kirche gehört. Im Inneren der Kapelle befindet sich eine Inschrift über dem Eingang, rechts und links vom Wappen: „Dieses Kirchlein ist gebauth worden – Anno 1821- und bauen habens lassen die Familien Anton Tappeiner der Aeltere (*1762+1828) in untern Haus, und Anna Oberfrinigerin sein Ehweib“ und „Anton Tappeiner der Jüngere(*1780+1850) in obern Haus, und Elisabeth Tellserin sein Ehweib.“ Die Inschrift unter dem Fenster über dem Eingang: „Joseph Pohl Dekan von Schlanders Weichet die Kappele den 26ten Juni Ano 1845 Johann Tappeiner.“

Den Text entschlüsselte Hella von Prittwitz, geb.Tappeiner Edle von Tappein, Urenkelin von Dr. Franz Tappeiner. Bezüglich des Patronates vom Kirchl auf Tappein wird eine Widmug für die Gottesmutter vermutet. Die Bilder an der Decke zeigen Mariä Krönung, Elisabeth, Anna, Anton und Josef (Patrone des Erbauers und deren Gattinnen). Diese Informationen besorgte Frau Gertraud Laimer Tappeiner aus Laas.

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