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Was nun, Señor Blanco?

2. Juli 2009

Vinschgerwind-Titel 13-09

Jaime Lorenzo Blanco, als spanischer Investor für das Skigebiet Tarscher Alm von vielen in Latsch schulterklopfend gefeiert, tritt, so hat es den Anschein, auf der Stelle. Weil LH Luis Durnwalder eine schriftliche Zusage für einen Zusammenschluss mit Ulten nicht geben kann, geraten die Pläne Blancos ins Stocken und sogar ins Wanken. In Latsch wird die Frage immer lauter, ob Blanco trotzdem investieren wird.

von Erwin Bernhart

Es geht nicht vorwärts. Jaime Lorenzo Blancos Pläne, das Skigebiet Tarscher Alm neu aufzustellen, drohen dem Schimmel anheim zu fallen. Alles für die Katz? Viel Lärm um nichts?

Der „Wind“ hatte vor einem Jahr Blancos Pläne erstmals veröffentlicht: neue Lifte, hie und dort etwas verlängert, neue Pisten, Chalets, neue Gäste.  Den Tarschern und den Latschern sind Blancos Maximalpläne vorgestellt worden. Im Grunde waren es jene Pläne, die bereits die letzte Verwaltung des Skigebietes mit Thomas Rinner als Präsident, der Bevölkerung als Vision vorgestellt und an deren Verwirklichung dann gebastelt und dann gefleddert worden ist. Mit bekanntem Ergebnis: Konkurs. Was den eigenen Leuten verwehrt geblieben ist, traute man, so hat es den Anschein, dem Spanier plötzlich zu.

Nach fulminanten und von einem gewissen Maß an Euphorie in Wirtschaftskreisen begleiteten Start ist mittlerweile Nüchternheit eingetreten.  Die Frage, ob Blanco tatsächlich investieren will oder kann, taucht immer häufiger auf. In Latsch und im Vinschgau.

Blanco hatte Lifte samt dazugehörigen Tal- und Bergstationen aus dem Konkurs um knappe 700.000 Euro gekauft, mit der Vision dahinter, das Skigebiet mit Ulten zusammenzuschließen. Eben dieselbe Vision, wie sie die alte Verwaltung hatte, mit dem einen Unterschied, dass Blanco über den Zusammenschluss Sicherheit haben möchte, bevor ein Cent ausgegeben wird. Blancos Rechnung, mit dem Skigebiet Gewinne zu erwirtschaften, geht nur mit einem Zusammenschluss mit Ulten auf. Mehrere Male wurde LH Luis Durnwalder dahingehend gedrängt, eine schriftliche Zusage für diesen Zusammenschluss abzugeben. Blanco wollte und will etwas Schriftliches in der Hand haben. Der Pragmatiker Durnwalder tat und tut dies nicht. Kann dies auch nicht tun. Vorerst solle Blanco die Lifte auf der Tarscher Seite realisieren, dann könne man weitersehen, ließ Durnwalder bei der Einweihung der Umlaufbahn in Ulten im vergangenen Winter verlauten.

Mit der Aussage Durnwalders auf der einen Seite und mit der Erwartung von Blanco auf eine schriftliche Zusage zum Zusammenschluss auf der anderen Seite ist eine irrige Pattsituation entstanden: Blanco baut nicht, bevor er die schriftliche Zusage Durnwalders hat und Durnwalder sagt nicht zu, bevor Blanco mit dem Bauen beginnt.

Ab diesem Zeitpunkt ist die eingekehrte Nüchternheit noch nüchterner geworden. Blanco hängt in der Luft. Er hat nicht die Möglichkeit, bei potenziellen Finanziers, bei den Banken, ein derart schlüssiges Konzept mit Aussicht auf Ertrag zu präsentieren, dass die Banken eingestiegen wären. Bisher jedenfalls. Für Blanco scheint das Skigebiet auf nur einem Bein zu stehen, wenn nur auf der Tarscher Seite investiert werden solle, ohne konkrete Aussicht auf einen Zusammenschluss mit Ulten. Und ein Bein kippt leicht.

Dass am Montag vor einer Woche von der Landesregierung die Eintragung einer Rennpiste in den Skipistenplan abgelehnt worden ist, hatte man auch in der „Pure Nature Ski GmbH“ fast erwartet. Dafür wurden sämtliche anderen Abänderungsanträge genehmigt: die Verbindungspiste an der Bergstation von Latsch II, die etwas versetzt  nach oben verlegt werden soll, zum neu zu erbauenden Jochpfarrerlift etwa, oder die Verlängerung des Liftes Latsch I an der Talstation. Die Ablehnung als solche macht die Ernüchterung allerdings nicht nüchterner. Allemal ist sie ein Fingerzeig, dass man grundsätzlich Blancos Maximalforderungen keineswegs entsprechen will.

Die Gemeinde Latsch ihrerseits müht sich mit Genehmigungen ab, um den roten Teppich für Blanco sauber zu halten. „Sämtliche Ansuchen Blancos sind bereits im Bauleitplan eingetragen“, sagt BM Karl Weiss. Im Mai hat die Baukommision das Projekt für die Wasserbereitstellung für die Beschneiungsanlage genehmigt. Blanco hätte bereits mit dem Bau beginnen können. Das Ansuchen um Aufnahme in den Skipistenplan machte die Gemeinde auf Antrag von Blancos Gesellschaft. Jüngst wurde vom Gemeinderat ein Touristisches Entwicklungskonzept (TEK) mehrheitlich genehmigt,  welches unter anderem für die „Pure Nature Ski GmbH“ einen Ausnahmezustand auf der Bergstation, auf der Tarscher Alm, vorsieht: Rund 440 Betten könnte Blanco, so der mit der Gemeinde abgesprochene Vorschlag, dort verbauen. In Form von Chalets, genaues weiß man nicht. Das Groteske dabei: Hätten die ehemaligen Vorstände der inzwischen begrabenen Liftgesellschaft ein derartiges Anliegen vorgebracht, sie wären wohl in der Gemeinde gevierteilt worden.  Die Gemeindeverwalter haben sich mit dem Konzept weit aus dem Fenster gelehnt, um nicht, sollte es soweit kommen, als Verhinderer von Blancos Plänen dazustehen. Dieses TEK liegt der Landesregierung zur Genehmigung vor. Schwer vorstellbar, dass die Landesregierung einem derartigen Ansinnen nachgeben wird. Landesrat Michl Laimer, auch für die Urbanistik zuständig, wurde vom „Wind“ um eine Einschätzung im Vorfeld gebeten. Laimer: „Ich will keine Entscheidung vorwegnehmen, aber da geht es um das rechte Maß. Und das sehe ich nicht.“ Ein TEK für’n Dreck?

Von vornherein klar war für BM Weiss, dass von der Gemeinde Latsch, kein Cent für den Neustart des Skigebietes ausgegeben werden soll. Das wusste Blanco, bevor er das Skigebiet aus der Konkursmasse gekauft hat.

Die Nüchternheit macht sich auch in der „Pure Nature Ski GmbH“ breit. Markus Ortler hat bereits begonnen, seine Zukunft auch ohne die „Pure Nature Ski GmbH“ zu planen. Auf die Frage vom „Wind“, ob er noch Blancos Geschäftsführer sei, antwortet Ortler: „Noch schon.“ Er habe mit Blanco ausgemacht, dass er Geschäftsführer für ein Jahr mache. Dieses Jahr sei seit Mai vorbei und seitdem ist er nicht mehr bei der Gesellschaft angestellt. Aktiv ist er noch als freier Berater, der für Blanco Ansuchen aufsetzt und Genehmigungen besorgt. Ortler hat bereits im Mai vorsorglich eine Stelle an der Sportoberschule in Mals als Trainer für das kommende Schuljahr angenommen. Die Situation von Blanco beschreibt Ortler vage: „Die Situation ist eher ungewiss. Das ursprüngliche Projekt wird wahrscheinlich nicht realisiert werden. Und so interessiert mich das Ganze nicht wirklich mehr.“ Ortler sagt es klar: „Ohne den Zusammenschluss mit Ulten rechnet sich das Gebiet nicht.“

In der „Pure Nature Ski GmbH“ wurden alle möglichen Varianten durchgespielt, die ohne Zusammenschluss mit Ulten funktionieren sollten: das bestehende Gebiet mit den derzeitigen Anlagen in Schwung zu bringen, oder vorläufig nur einen Lift zu erneuern usw. „Alle Varianten haben ergeben, dass man sich kaum über Wasser halten könnte“, sagt Ortler. Die Minimalvariante für den kommenden Winter wäre, das Skigebiet, so wie es jetzt ist, zu eröffnen. Blanco schwebt dieser Gedanke vor. Dies würde, mit Liftrevisionen, der Inbetriebnahme des Restaurantes und einer Beschneiungsanlage fast zwei Millionen Euro kosten, sagt Ortler.  Ob sich Blanco das antun wird? Um dann halbwegs über die Runden kommen zu können, müsste Blanco sein internes Versprechen wahr machen, einen Haufen Gäste nach Latsch zu bringen. Auch wäre ein solches Vorgehen wohl kaum mit Fremdkapital zu bewerkstelligen. Der Investor müsste demnach diesem Namen gerecht werden und Geld aus eigener Tasche hineinstecken, ohne die Gewähr, es jemals herauswirtschaften zu können.

Eine zweite Variante ist der Verkauf des Skigebietes. Diese Variante liegt allerdings bisher nicht auf Blancos Linie, obwohl von Ortler empfohlen. „Wenn wir einen Investor finden, der investieren will, so wie die Genehmigungen bisher vorliegen, und der einen Zusammenschluss mit Ulten in fünf Jahren anpeilen will, dann würde ich verkaufen“, hatte Ortler Blanco geraten. Blanco will das nicht.

Bleibt eine letzte Variante: Die Bergstation als Urlaubsdomizil für Chaime Lorenzo Blanco, wo er mit Freunden und Kollegen Erholung finden könnte.

Sollte diese letzte Variante angepeilt und verwirklicht werden, verstauben tatsächlich die mit Verve und Fulminanz vorgetragenen Pläne um das Tarscher Skigebiet in der Schublade. Zum zweiten – zum letzten? – Mal.

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