Startseite > .......Titel, Archiv6 2008, k November 08 > „Ich bin kein Hinterbänkler“

„Ich bin kein Hinterbänkler“

6. November 2008

Vinschgerwind-Titel 22-08

Sepp „Rambo“ Noggler ist als SVP-Landtagsabgeordneter gewählt. Für den Obervinschgau hat die Wahl historische Bedeutung: Der Burgeiser Heinrich Theiner saß von 1952 bis 1960 für die SVP im damaligen Regionalrat. Mit Ignaz Stocker, der 1967 für Peter Brugger in den Regionalrat für ein Jahr lang nachgerückt ist, ist bislang der letzte Obervinschger im Trientner bzw. Bozner Parlament gesessen. Und nun kommt Noggler.

Interview: Erwin Bernhart; Foto: Angelika Ploner

„Wind“: Glückwunsch zu Ihrem Erfolg! Sie haben wohl am wenigsten mit Ihrer Wahl gerechnet.

Josef Noggler: Mah, so wenig auch nicht. Die Chancen standen Halbe-Halbe.

Der Vorschlag Ihres Malser SVP-Ortsobmannes Luis Theiner, im Bezirk Vorwahlen zu machen, und der Beschluss der SVP-Bezirksleitung, mit zwei Kandidaten im Bezirk anzutreten, ist aufgegangen.

Es ist aufgegangen. Der Vorschlag für Vorwahlen kam allerdings nicht von Luis Theiner, sondern von Erwin Dilitz.

Offiziell hat Luis Theiner die Vorwahlen über die „Dolomiten“ vorgeschlagen.

Das kann schon sein. Ich sage, es ist grundsätzlich gut, wenn Vorwahlen gemacht werden. Es sollten auch bei der Wahl von anderen Gremien Vorwahlen gemacht werden, weil allgemein gesagt wird, dass Kandidaten einfach von oben aufgestellt werden und das Volk sie dann wählen soll. Macht man die Wahl in zwei Schritten, eine Vorwahl und dann die eigentliche Wahl, dann kann man sagen, dass die Basis einen Kandidaten oder mehrere ausgewählt hat und man kann davon ausgehen, dass der oder die dann auch gewählt wird.

Der Vinschgau als Vorbild für demokratische Verhältnisse innerhalb der Südtiroler Volkspartei?

Ich bin überzeugt davon, dass Vorwahlen in anderen Bezirken nachgeahmt werden. Nicht nur auf Landesebene. Ich kann mir vorstellen, dass Vorwahlen auch auf Gemeindeebene gemacht werden, oder bei Parlamentswahlen oder auch bei anderen Wahlen. Dann hat man schon eine bestimmte Sicherheit, dass Kandidaten von der Bevölkerung mitgetragen werden.

Mitleid für die Kollegen aus dem Malser Gemeinderat, die auch gegen Sie in den Wahlkampfring getreten sind, mit Bruno Pileggi, mit Andreas Thanei, mit Christine Taraboi Blaas, mit Ihrem Schwager Peppi Stecher?

Mitleid ist das falsche Wort. Der Taraboi Christine hätte ich es schon gegönnt, dass sie in den Landtag kommt, weil sie schon lange in der Politik tätig ist, weil sie das letzte Mal knapp gescheitert ist und sie sich seit Jahren in die Politik hineinhängt. Leider ist es anders gekommen. Zu den anderen: Jeder kann kandidieren bei jener Partei, die ihm wichtig ist. Ich habe mich nur gefragt, warum heuer, nachdem ich mich aufstellen hab lassen, in Mals so viel Konkurrenz gekommen ist, auch aus meiner Verwandtschaft. Das war sicher eine bewusste Aktion. Deshalb brauch ich auch kein Mitleid haben, weil die Geschichte nicht aufgegangen ist.

„Wenn ich eine Frau wäre, würde ich mich gegen die Frauenquote aussprechen.“ Erkennen Sie das Zitat?

Josef Noggler, bisher BM der Gemeinde Mals, hat sich ein postbürgermeisterliches Imperium aufgebaut: Als Präsident der E-AG wird er weiterhin die Geschicke der Gemeinde Mals mitbestimmen. Als VEK-Präsident wird man im Vinschgau, was Strom und Energie betrifft, nicht um ihn herumkommen.

Das kenne ich. Das waren meine Worte in der ZiS.

Als Mann sind Sie demnach für die Frauenquote?

Als Mann äußere ich mich nicht. Als Mann würde ich nie sagen, es müssen 50 Prozent Männer sein. Grundsätzlich soll alles offen sein. Wer sich qualifiziert, wer eine fähige Kraft ist, wer sich einsetzt, der soll gewählt werden, aber der soll nicht gewählt werden, weil er aus einer bestimmten Fraktion kommt, oder weil sie eine Frau ist, oder weil er ein Mann ist, sondern bestimmte Qualifikationen sind mitzubringen.

Sepp Noggler geht nach Bozen. Der Rucksack, der politische, ist voll bepackt. Was wollen Sie zuallererst in Bozen mit Nachdruck fordern, die Umfahrung für Kastelbell oder das Stromnetz für den Vinschgau?

Wenn es ein Entweder-oder sein soll, dann das Stromnetz für den Vinschgau. Realistischer und schneller zu haben ist sicher das Stromnetz für den Vinschgau, weil das schon seit 10 Jahren gefordert wird und weil die momentane Situation reif ist. Ich glaube, dass wir dabei Erfolg haben werden.

Gefordert wird das zuerst, was realistischer zu erreichen ist?

Nein. Gefordert wird überhaupt nichts. Die SVP-Vinschgau hat ein Wahlprogramm gemacht, wie es wohl wenige Bezirke gemacht haben. Dieses Wahlprogramm ist mein Auftrag und dafür werde ich mich einsetzen. Ich kann nichts versprechen, weil  ich nicht vorn dran bin. Ich bin nicht der Landeshauptmann oder einer der als Erster Verantwortung zu tragen hat. Ich kann allerdings versprechen, dass ich mich einsetzen werde. Im Wahlprogramm sind unter anderem zwei Punkte enthalten, die den Tunnel in Kastelbell und die Stromverteilung im Vinschgau beinhalten. Länger diskutiert wird die Stromverteilung im Vinschgau. Der Tunnel in Kastelbell ist erst seit der Knoflacher-Studie ein Bezirksthema geworden. Die Stromverteilung ist jetzt reif und bei der Kastelbeller Umfahrung sind noch viele Vorarbeiten zu machen.

Apropos „vorn zui“. Wird es innerhalb der Landtagsfraktion der SVP eine Vinschger Enzianfraktion Noggler-Theiner-Schuler geben?

Enzianfraktion… (lacht) Ich stelle mir schon vor, dass wir drei optimal zusammenarbeiten können. Mit dem Arnold Schuler habe ich in der Vergangenheit intensiv im Rahmen des Gemeindenverbandes zusammengearbeitet. Wir haben gemerkt, dass wir, was Zukunftsideen betrifft, nicht weit voneinander entfernt sind. Verwaltungsmäßig habe ich mit Richard Theiner nicht viel gemeinsam gearbeitet. Nun wird man eine Zusammenarbeit ausloten müssen.

Gemeinsamer Wahlkampf mit Theiner und dann doch nicht gemeinsam?

Meinerseits war der Wahlkampf ausschließlich mit Theiner. Ich möchte dazu sagen, dass ich den Schuler arbeitsmäßig besser kenne als den Theiner. Deshalb kann ich sagen, dass eine Zusammenarbeit mit Schuler passt, und ich gehe davon aus, dass dies auch mit Theiner passen wird. Damit wir eine Gruppe für den Vinschgau machen können und die Probleme des Vinschgaus gemeinsam angehen können.

Also doch eine Enzianfraktion?

Wenn Sie das so haben wollen, dann eine Enzianfraktion.

Sie haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass Sie mit Teilen der Politik der Landesregierung nicht einverstanden sind. In Sachen Energie etwa. In Sachen Aufwertung der Gemeinden. Besteht die Gefahr, dass Sie durch die Wahl in den Landtag kalt gestellt werden?

Das glaube ich nicht. Da müsste ich mich grundlegend ändern. Wenn ich von den Ideen überzeugt bin, kämpfe ich. Wenn ich spüre, dass ich kalt gestellt werde, trete ich zurück. Da bin ich schneller wieder weg, als ich hinuntergekommen bin.

Vom mächtigen Malser Bürgermeister zum Hinterbänkler im Landtag. Lässt man den Quantensprung der Besoldung außer Acht, ist das für Sie eine Herabstufung?

Das glaube ich nicht. Hinterbänkler ist einer, der sich als Hinterbänkler fühlt. Ich fühle mich nicht als Hinterbänkler. Ob es da unten so zugeht, dass einige etwas zu sagen haben und andere nichts, das weiß ich nicht. Ich gehe nicht davon aus. Ich werde weiterhin die Kontakte mit meinen Bürgermeisterkollegen und mit der Bevölkerung des Vinschgaus pflegen. Deshalb glaube ich nicht, dass die Arbeit in Bozen ausgehen wird. Ich gehe nicht davon aus, dass ich in einer Ecke sitzen werde und nichts zu melden habe. Das mit dem mächtigen Malser Bürgermeister ist ein Blödsinn. Was heißt mächtig? Der Malser Bürgermeister hat einen Haufen Arbeit, einen Haufen Angriffsfläche, einen Haufen Kritikpunkte, die er zu ertragen hat. Ich möchte dazu sagen, dass ich meine Macht als Bürgermeister nie missbraucht habe.

Sie hinterlassen Lücken. In Mals als Bürgermeister, als Präsident der E-AG, als Präsident der Puni GmbH. Wer wird diese Lücken füllen?

Niemand füllt diese Lücken. Ich bleibe als Präsident der E-AG. Die Puni GmbH hat ihre Arbeit noch nicht aufgenommen. Ich bleibe so lange bis jemand anderer auf diese Posten gewählt wird. Als Bürgermeister trete ich, so wie es das Gesetz vorsieht, zurück. Dann wird der VizeBM eine Zeit lang die Amtsgeschäfte bis zu den Neuwahlen führen. Bei den Neuwahlen können dann alle, die glauben, dass sie motiviert sind, dass sie fähig und gewillt sind, antreten. Auch die, die sich bisher mit guten Vorschlägen mir gegenüber nach vorn gewagt haben, die können alle antreten und sich wählen lassen. Wenn ich zurückgetreten bin, werde ich mich nicht in die Gemeindepolitik einmischen. Ich werde ausschließlich in den Bereichen weiterarbeiten, in denen ich gewählt bin, in der E-AG etwa.

Ist die E-AG nicht auch Gemeindepolitik?

Nein, das ist sie nicht. E-AG ist eine Dienstleistung für die energiewirtschaftlichen Tätigkeiten in der Gemeinde. Die E-AG betrifft die Führung der gebauten Hackschnitzelanlagen, der künftigen Fotovoltaikanlagen, die zu Weihnachten in Betrieb genommen werden, die Führung der zu bauenden Wasserkraftwerke, die Beteiligung an den Windrädern.

Lücken auch im Tal: als Präsident der Bezirksgemeinschaft, als Präsident des Vinschger Energiekonsortiums. Haben wir etwas vergessen?

Das Vinschger Energiekonsortium ist eine Genossenschaft. Da bin ich hineingewählt. Das ist analog wie die E-AG in der Gemeinde Mals. Als Präsident der Bezirksgemeinschaft werde ich zurücktreten. Mit meinem Rücktritt verfällt der Ausschuss. Da wird ein Kommissar ernannt, der wird innerhalb 20 Tagen die Neuwahl des Ausschusses und des Präsidenten durchführen.

Mit wem kommen Sie besser zurecht, mit dem LH oder mit dem amtierenden SVP-Obmann Rolle?

Eindeutig mit dem Landeshauptmann. Deshalb, weil der SVP-Obmann Pichler Rolle nicht den Erwartungen entsprochen hat. Konkret: Die Gemeinden haben nicht die erforderliche Unterstützung bekommen. Durch Arbeitsgruppen wurde die Aufwertung der Gemeinden hinausgezögert. Die ganze Enziangeschichte war eine Parteigeschichte: Weil die Gemeinden immer weniger Zuständigkeit bekommen haben und wir keine Unterstützung von der Partei bekommen haben. Pichler Rolle, selbst als VizeBM in Bozen in der Gemeinde tätig, hat uns da kein Gehör geschenkt. Vom LH sind wir als Gemeinden besser betreut worden als vom Obmann der Südtiroler Volkspartei.

Würde der Obmann zurücktreten, würden Sie ihm keine Träne nachweinen?

Das ist eine andere Geschichte. Da will ich mich nicht äußern.

Mit Ihren Gegnern sind Sie nicht zimperlich. Wird sich Ihr politischer Stil ändern? Wird mehr Demut in ihrem Stil Einzug halten?

Ich wüsste nicht, welche Gegner ich habe. Wenn mir etwas gegen den Strich geht, dann sage ich das der betreffenden Person. So habe ich das auch in der Gemeindepolitik gemacht.

Eine gewisse Demut vor den Wählern?

Verstehe ich nicht, Demut. Ich habe kandidiert, ich war einverstanden, dass ich für die Vinschger Bevölkerung Arbeit zu verrichten habe. Ich bin froh, dass mir die Wähler das Vertrauen geschenkt haben. Dafür bedanke ich mich.

Im Jahr 2005 haben Sie, zwar nicht öffentlich, aber für viele Ohren hörbar, in Richtung „Wind“ gesagt, „dia moch i hin“. Angst vor zu viel „Wind“?

Das ist eine Unterstellung. Das habe ich nicht in Richtung „Wind“ gesagt. Bei der Austeilung des Satireblattls „Frustrierte“ anlässlich der Einweihung der Vinschgerbahn in Mals, wer immer auch die Verantwortlichen waren, sie sind wohl bis heute nicht bekannt, habe ich mit einigen gesagt, dass ich die Herausgeber dieser Veröffentlichung anzeigen werde.

Schlagwörter: ,