Rollender „Göflaner Marmor“

28. April 2005

Vinschgerwind-Titel 1-05

Ende März wurde den Tiroler Marmorwerken mitgeteilt, dass die Abtransportstruktur für den Wantlbruch von Göflan bereit steht. Die Marmorblöcke werden durch Göflan rollen. Die Straße als Provisorium für drei Jahre.

von Erwin Bernhart

Seit 24. März sind die Schleusen offen. Mit diesem Datum hat die Gemeinde Schlanders den Tiroler Marmorwerken GmbH mitgeteilt, dass die Abtransportstruktur bereitsteht: der Weg vom Wantl über Göflan. Die Marmortumperer werden kommen.

Exakt abgespult. Die Informationen über den Stand der Marmorsache sind just in jüngster Zeit spärlich geflossen. Aber hinter den Kulissen tat sich einiges. Damit der Weg über Göflan für die Tiroler geebnet werden konnte, musste das Zusammenspiel zwischen Schlanders, Bozen und Bormio exakt funktionieren. Und das hat es getan. Auf Schlanderser Seite wurde über das Ansuchen der Fraktion Kortsch und der Siebenhöfegemeinschaft am Nödersberg das fehlende Teilstück zwischen Göflaner Almweg und Marmorstraße ermöglicht. Im vergangenen Herbst wurde dieses Teilstück herausgebrochen. Die Struktur ist seit Herbst de facto da. Die Genehmigungen mussten noch her. Der Nationalparkpräsident Ferruccio Tomasi hat Anfang März eine provisorische Abtransportgenehmigung erteilt. Die Befugnis liegt in diesem Fall ausschließlich beim Präsidenten. Der Parkrat brauchte nicht gefragt zu werden. Eine Woche später, am 11. März,  kam das landeshauptmännische OK. LH Luis Durnwalder hat dem Ansuchen der Schlanderser Gemeinde um Fahrgenehmigung als Sondergenehmigung über den Forstweg laut Landesgesetz Nr. 10 von 1990 stattgegeben. Einen knappen Monat vorher hat sich das Forstinspektorat Schlanders gegen eine solche Genehmigung ausgesprochen, „da die Breite und die Beschaffenheit der entsprechenden Forstwege einen solchen Transport mittels Lastwagen problematisch erscheinen lassen.“ Das Ressort für Forstwirtschaft liegt beim Landeshauptmann. Das Provisorium für den Abtransport gilt für drei Jahre.

Eine Anfrage an die Landesregierung von der Freiheitlichen Landtagsabgeordneten Ulli Mair liegt bereits bei der Landesregierung. Mair will unter anderem wissen, mit welcher Begründung das negative Gutachten des Forstinspektorates entkräftet wird und ob die Landesregierung versprechen kann, dass künftig alle Bruchbetreiber die Schrägbahn als nutzen und wann damit zu rechnen sei.

Der Zündstoff. Die Genehmigungskaskade hat lückenlos funktioniert. Auf Göflaner Seite. Für die Tiroler Marmorwerke GmbH. Das dürfte in Laas und möglicherweise auch in Schlanders für Zündstoff sorgen. Zum einen, weil die Lösung für den Marmorabtransport nicht die umweltfreundliche ist, zum anderen wird es schwierig zu begründen sein, warum der Lechner Marmor AG nicht auch der Weg über Göflan offen stehen sollte. Und nicht zuletzt sehen die Laaser den Standort als Marmordorf in Gefahr. Vor allem herrschen in Laas Zweifel darüber, dass der Weg über Göflan ein Provisorium bleiben wird. Der Weg muss nämlich erst LKW-tauglich gemacht werden. Durnwalder weist in seiner „Ermächtigung für den provisorischen Abtransport“ darauf hin, dass die technischen Adaptierungen laut Gutachten von Hermann Tumler durchzuführen sind, unter anderem das „Aufbringen neuer Schotterschichten, das Verlegen von Wasserauskehren in Eisen, die Instandhaltung talseitiger Stützmauern“.

Die Bremsen. Durnwalder in seiner Ermächtigung: „Die mit Schreiben … vom 2.3.2005 des Präsidenten des Nationalparkes Stilferjoch erteilten Auflagen sind einzuhalten und bilden integrierenden Bestandteil dieser Ermächtigung.“ Der Nationalparkpräsident hat einen Auflagenkatalog erstellt. unter anderem: maximal vier Fahrten pro Tag für den Abtrasport, 15 Tonnen maximal pro Fahrt, nur bei Tag darf gefahren werden, nicht bei Feiertagen und das von Mai bis November. Tomasi weist in seinem Genehmigungsschreiben darauf hin, „die Zukunft muss es sein, dass die bestehenden Strukturen genutzt werden oder eine neue Seilbahn errichtet wird“. Damit sind die Verhandlungen um die Schrägbahn, die der Lasa Marmo gehört, noch nicht aus dem Rennen. Sollten allerdings die Gemeinde Schlanders und die Gemeinde und die Fraktion Laas weder mit der Lasa noch untereinander einig werden, so könnte der Nationalparkrat in seinem noch ausstehenden Parkplan festschreiben, wo und welche Abtransportstruktur für den Marmor gemacht werden muss. Die Verahndlungen dürften nach den Wahlen intensiver als bisher geführt werden.

Die Euros. Für den Weg über Göflan muss die Gemeinde Schlanders bei der Nationalparkverwaltung eine Kaution von 250.000 Euro hinterlegen. Ein Klacks, weil die Schlanderser ihrerseits von den Tirolern eine Kaution von 500.000 Euro einstreichen. Für jeden Kubikmeter Marmor, der das „Wantl“ in Richtung Tal verlässt, kassiert die Gemeinde Schlanders 140 Euro, zudem 60 Euro pro Kubikmeter für den Transport. Den Transport wird die Gemeinde selbst organisieren, „entweder direkt in eigener Regie oder mittels Beauftragung Dritter“. Damit dürfte einem Transportunternehmen ein fetter Auftrag ins Haus stehen.

Der Riegel. Scharf kritisiert wird auch der mögliche Zustand, dass der Göflaner Marmor in rohem Zustand aus dem Tal abtransportiert werden könnte. Dem hat die Schlanderser Gemeindeverwaltung in ihrem Konzessionsvertrag mit den Tiroler Marmorwerken einen Riegel vorgeschoben. Denn im Vertrag im Artikel 7 unter „Marmorverarbeitung“ verpflichtet sich der Konzessionär  „auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko und Verantwortung im Gemeindegebiet von Schlanders oder Laas eine Verabeitungstätte zu errichten oder bereitzustellen und diese für die gesamte Laufzeit des vorliegenden Konzessionsvertrages zu betreiben…“ Und dass das Steuergeld im Lande bzw. in den Gemeinden bleibt, müssen die Tiroler Marmorwerke den Geschäfts- und den Verwaltungssitz in einer dieser beiden Gemeinden errichten. 95% der vom Göflaner Marmorbruch abtransportierten Blöcke sollen in der eigenen Betriebsstätte weiter verarbeitet werden, „sowie die Produktveredelung durch kooperierende Betriebe mit Sitz im Vinschgau“.

Der Latscher Immobilienmakler Peter Paul Pohl, Geschäftsführer der Tiroler Marmorwerke, hat vor einiger Zeit das Gelände der ehemaligen Gärtnerei Thurin im Osten von Schlanders gekauft. Dort liegt bereits ein zweiter Durchführungsplan auf, den die Gemeindeverwalter bereits genehmigt haben. Der Plan liegt nun bei der Landesraumordnungskommission auf. Gespräche laufen, dass die Gemeindeverwaltung ihren Anspruch auf 75% des Gewerbegrundes zurückstellen und Pohl der gesamte Grund als Provisorium für die Marmorzwischenlagerung zur Verfügung gestellt wird.

Das Geröll. Aus dem „Göflaner Marmor“ soll mehr gemacht werden, als es die Lasa Marmo in den letzten Jahren tat. Rund 800 Kubikmeter hat die Lasa, so wird in der Gemeinde Schlanders gesagt, jährlich vom Wantl abtransportiert. Die Filetstücke. Raubbau, sagt man in Göflan. Mit den Tirolern soll das anders werden. Jährlich an die 2000 Kubikmeter erste Sahne des weißen Goldes sollen abgebaut werden. Das sind an die 5.500 Kubikmeter Rohmaterial. Verdammt viel
Abfall. Und viel Abfall liegt noch unter dem Wantl. Das weiße Geröll kann auch zu Geld gemacht werden. Dieses brach liegende und sofort abtransportierbare Marmorgestein war nicht Gegenstand des Konzessionsvertrages mit den Tirolern. „Für besagtes Abfallmaterial steht es der Gemeinde frei, getrennte Konzessionen zu erteilen, ohne dass hierfür ein Rechtsanspruch oder ein Vorpachtrecht für den Konzessionär entsteht“, heißt es im Konzessionvertrag mit den Tirolern im Artikel 1 (Vertragsgegenstand).

Die Fristen. Mit dem 24. März dieses Jahres ist eine Frist abgelaufen. Vor 18 Monaten, am 24.9.2003, wurde in Schlanders der Konzessionsvertrag unterschrieben.  „Die Wirksamkeit des vorliegenden Konzessionsvertrages unterliegt deshalb der Bedingung, dass innerhalb von 18 Monaten ab Unterzeichnung des Konzessionsvertrages obige Strukturen zur Verfügung stehen. Sollte, aus welchem Grund auch immer, obiger Termin verstreichen, ohne dass der Abtransport des Marmors seitens der Gemeinde bereitgestellt wird, so ist dieser Vertrag null und nichtig und hat keinerlei Wirksamkeit zwischen den Vertragsparteien…“ Und im Vertrag weiter unten: „Alle im vorliegenden Vertrag enthaltenen und festgelegten Termine laufen mit dem ersten Tag ab schriftlicher Mitteilung der Gemeinde über die Bereitstellung des Marmortransportes an.“ Die sind: die Dauer des Vertrages (30 Jahre), innerhalb von drei Jahren ist die Verarbeitungsstätte in Betrieb zu nehmen, innerhalb von vier Monaten muss ein Umweltplan ausgearbeitet und den zuständigen Behörden  zu Genehmigung vorgelegt werden.

Dass der Marmor aus dem Göflaner Bruch den Weg über Göflan nimmt, ist nicht neu. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden Marmorblöcke durch Göflan transportiert. Der für die Moltkestatue bestimmte Block hatte ganze 83 Tonnen und wurde zu Beginn des vorigen Jahrhunderts mit Seilwinden und Rollstämmen zu Tal gebracht. Aus Seilen sind Tumperer mit Druckbremsen geworden, die durch Göflan klumpern werden. Vorläufig als provisorische Lösung.

Göflaner Marmor

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